
Löschen von "Altrechten" im Grundbuch nach §§ 22 und 23 GBO
Die Löschung alter Grundbucheinträge stellt Eigentümer oft vor Herausforderungen. Wann eine Löschung ohne Bewilligung möglich ist und welche Nachweise erforderlich sind, klärt dieser Artikel anhand der einschlägigen Rechtsprechung zu §§ 22 und 23 GBO.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 1.1 Das Problem grundbuchliche „Altrechte“.
- 1.2 Für welche Fälle ist das relevant?
- 1.3 Welche Anforderungen gibt es für die Löschung ohne Bewilligung?
- 2 Grundbuchberichtigung nach § 22 GBO
- 2.1 Bewilligung des Berechtigten
- 2.2 Nachweis der Unrichtigkeit
- 2.2.1 Strenge Anforderungen
- 2.2.2 Auflösend bedingtes Recht
- 2.2.3 Todesnachweis
- 2.2.4 Auslegung der Bewilligung
- 3 § 23 GBO Löschung von auf Lebenszeit beschränkten Rechten
1 Einleitung
1.1 Das Problem grundbuchliche „Altrechte“
Wir untersuchen die Frage, unter welchen Voraussetzungen sogenannte „Altrechte" im Grundbuch nach den § 22 der Grundbuchordnung (GBO) aus dem Grundbuch gelöscht werden können.
Zu unterscheiden sind die beiden folgenden Wege:
(1) Eintragung und Löschung aufgrund einer Bewilligung nach § 19 GBO
- Ein Eintrag oder eine Löschung kann erfolgen, wenn die Person, deren Recht betroffen ist, eine Bewilligung erteilt.
(2) Grundbuchberichtigung nach § 22 GBO (ohne Bewilligung)
- Falls das Grundbuch unrichtig ist, kann es auch ohne Bewilligung berichtigt werden, wenn die Unrichtigkeit nachgewiesen wird.
1.2 Für welche Fälle ist das relevant?
Die Regelung spielt eine Rolle in folgenden Situationen:
1.2.1 Löschung alter Grundbucheinträge (Altrechte)
- Beispielsweise kann eine alte Grundschuld oder ein Wegerecht noch im Grundbuch stehen, obwohl es in der Realität keine Bedeutung mehr hat. Falls der Berechtigte die Löschung nicht bewilligt, muss die Unrichtigkeit nachgewiesen werden.
1.2.2 Löschung einer Vormerkung
- Eine Vormerkung (z. B. eine Eigentumsvormerkung) kann gelöscht werden, wenn feststeht, dass der gesicherte Anspruch nicht mehr besteht oder nicht mehr entstehen kann.
1.2.3 Todesfall des Berechtigten
- Wenn ein Recht (z. B. eine Reallast oder eine Rückauflassungsvormerkung) an eine bestimmte Person gebunden ist und mit deren Tod erlischt, kann dies als Nachweis für die Unrichtigkeit des Grundbucheintrags dienen.
- Allerdings reicht der Todesnachweis nur dann aus, wenn sich aus den Vereinbarungen ergibt, dass die Erben keine Ansprüche mehr haben.
1.2.4 Berichtigung wegen fehlender Eintragung einer Befristung
- Falls eine Vormerkung oder ein anderes Recht nur befristet bewilligt wurde, aber im Grundbuch unbefristet eingetragen ist, kann dies wegen der darin liegenden Grundbuchunrichtigkeit einen Berichtigungsanspruch begründen.
1.3 Welche Anforderungen gibt es für die Löschung ohne Bewilligung?
- Strenger Nachweis der Unrichtigkeit:
Der Antragsteller muss beweisen, dass der Grundbucheintrag nicht der tatsächlichen Rechtslage entspricht.
- Formvorschriften nach § 29 GBO:
Der Nachweis muss in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Form erbracht werden, also durch notariell beglaubigte Dokumente.
- Besondere Regeln für Vormerkungen und Reallasten:
Wenn eine Vormerkung oder Reallast an die Lebenszeit des Berechtigten gebunden war, kann ein Todesnachweis für die Löschung genügen.
- Falls das Recht jedoch auch nach dem Tod durch Erben geltend gemacht werden kann, reicht der Todesnachweis nicht aus.
Eintragung und Löschung aufgrund Bewilligung nach § 19 GBO
§ 19 GBO
Eine Eintragung erfolgt, wenn derjenige sie bewilligt, dessen Recht von ihr betroffen wird.
2 Grundbuchberichtigung nach § 22 GBO
§ 22 BGO
(1) Zur Berichtigung des Grundbuchs bedarf es der Bewilligung nach § 19 nicht, wenn die Unrichtigkeit nachgewiesen wird. Dies gilt insbesondere für die Eintragung oder Löschung einer Verfügungsbeschränkung.
(2) Die Berichtigung des Grundbuchs durch Eintragung eines Eigentümers oder eines Erbbauberechtigten darf, sofern nicht der Fall des § 14 vorliegt oder die Unrichtigkeit nachgewiesen wird, nur mit Zustimmung des Eigentümers oder des Erbbauberechtigten erfolgen.
Die Berichtigung nach § 22 GBO setzt voraus, dass entweder
- die Bewilligung des Buchberechtigten vorliegt oder
- die Unrichtigkeit des Grundbuches nachgewiesen ist.
2.1 Bewilligung des Berechtigten
Gemäß § 19 GBO erfolgt eine Eintragung, wenn derjenige sie bewilligt, dessen Recht von ihr betroffen wird.
§ 19 GBO
Eine Eintragung erfolgt, wenn derjenige sie bewilligt, dessen Recht von ihr betroffen wird.
Der Grundsatz der einseitigen Bewilligung gilt sowohl für rechtsändernde als auch berichtigende Eintragungen, wobei zu den Eintragungen auch Löschungen zählen.
(OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.01.2015 - I-3 Wx 259/14)
2.2 Nachweis der Unrichtigkeit
2.2.1 Strenge Anforderungen
An den Nachweis der Grundbuchunrichtigkeit, der dem Antragsteller obliegt, sind strenge Anforderungen zu stellen.
(OLG Köln, Beschluss vom 06.01.2020 - 2 Wx 373/19;
OLG Köln, Beschluss vom 16.10.2013 - 2 Wx 247/13, FamRZ 2014, 1321-1323;
OLG Köln, Beschluss vom 25.11.2009 - 2 Wx 98/09, FGPrax 2010, 14;
OLG München, Beschluss vom 17.10.2016 - 34 Wx 208/16, ZEV 2016, 708-711;
BayObLG, Urteil vom 16.05.2002 - 2Z BR 181/01, FGPrax 2002, 151-153 = Rpfleger 2002, 563-564 = ZNotP 2002, 439-441)
2.2.1.1 Form, § 29 GBO
Der Antragsteller hat in der Form des § 29 GBO grundsätzlich lückenlos jede Möglichkeit auszuräumen, die der Unrichtigkeit der gegenwärtigen Grundbuchlage und der Richtigkeit der begehrten Eintragung entgegenstehen könnte. Lediglich ganz entfernt liegende, nur theoretische Möglichkeiten müssen nicht widerlegt werden.
(OLG Köln, Beschluss vom 06.01.2020 - 2 Wx 373/19;
OLG Köln, Beschluss vom 16.10.2013 - 2 Wx 247/13, FamRZ 2014, 1321-1323;
OLG Köln, Beschluss vom 25.11.2009 - 2 Wx 98/09, FGPrax 2010, 14;
OLG München, Beschluss vom 17.10.2016 - 34 Wx 208/16, ZEV 2016, 708-711)
§ 29 der Grundbuchordnung (GBO) legt fest, dass Anträge und Erklärungen, die eine Eintragung im Grundbuch bewirken sollen, in einer bestimmten Form nachgewiesen werden müssen. Das bedeutet, dass das Grundbuchamt nur solche Erklärungen akzeptiert, die in „öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Form“ vorliegen.
Öffentliche Form bedeutet, dass eine Urkunde von einem Notar beurkundet wurde. Öffentlich beglaubigte Form bedeutet, dass die Unterschrift unter einer Erklärung von einem Notar beglaubigt wurde. Der Unterschied ist, dass bei einer Beurkundung nicht nur die Unterschrift, sondern auch der Inhalt der Erklärung vom Notar geprüft und bestätigt wird.
Diese strenge Formvorgabe dient dazu, die Richtigkeit und Verlässlichkeit der Grundbucheinträge zu gewährleisten und Missbrauch oder Fälschungen zu verhindern. Ohne die Einhaltung dieser Form wird ein Antrag vom Grundbuchamt nicht bearbeitet. Das bedeutet beispielsweise, dass eine einfache schriftliche Erklärung oder eine privatschriftliche Vereinbarung ohne notarielle Beglaubigung nicht ausreicht, um eine Eintragung im Grundbuch zu veranlassen.
2.2.1.2 Unrichtigkeitsnachweis bei Vormerkung
Die Löschung der Eigentumsvormerkung aufgrund Unrichtigkeitsnachweises setzt daher den formgerechten (§ 29 GBO) Nachweis voraus, dass der durch die eingetragene Vormerkung gesicherte schuldrechtliche Anspruch nicht besteht und auch nicht mehr durch Bedingungseintritt entstehen kann; denn als Sicherungsmittel hängt die Vormerkung in ihrem Bestand von demjenigen des Anspruchs ab, zu dessen Sicherung sie bestellt ist.
(OLG Köln, Beschluss vom 06.01.2020 - 2 Wx 373/19;
OLG Köln, Beschluss vom 16.10.2013 - 2 Wx 247/13, FamRZ 2014, 1321-1323;
OLG Köln, Beschluss vom 25.11.2009 - 2 Wx 98/09, FGPrax 2010, 14;
OLG München, Beschluss vom 17.10.2016 - 34 Wx 208/16, ZEV 2016, 708-711)
2.2.2 Auflösend bedingtes Recht
2.2.2.1 Auflösend bedingte Vormerkung
Die Unrichtigkeit des Grundbuches kann sich daraus ergeben, dass eine eingetragene Vormerkung auflösend bedingt oder befristet ist:
(OLG Düsseldorf, Beschluss vom 31.08.2016 - I-3 Wx 265/15, FamRZ 2017, 570;
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.01.2015 - I-3 Wx 259/14, BeckRS 2015, 7661;
vgl. OLG Hamm DNotZ 2014, 224 ff, Rn. 5 m.N.)
Eine auflösende Bedingung bewirkt nach § 158 II BGB, dass die Wirkung des bedingten Rechtsgeschäfts mit dem Eintritt der Bedingung endet.
(vgl. OLG Köln, Beschluss vom 16.04.2018 - 2 Wx 168/18 2 Wx 170/18, FGPrax 2018, 157)
2.2.2.2 auflösend bedingte Reallast
2.2.2.2.1absolut auflösend bedingt
Grundsätzlich kann eine Reallast in der Form auflösend bedingt sein, dass mit dem Tod die Rechte aus der Reallast auch nicht mehr von etwaigen Erben geltend gemacht werden können.
(vgl. OLG Köln, Beschluss vom 16.04.2018 - 2 Wx 168/18 2 Wx 170/18, FGPrax 2018, 157)
2.2.2.2.2relativ auflösend bedingt
Die Wirkungen einer Reallast, die auf die Lebenszeit des Berechtigten in der Weise beschränkt ist, dass nach dem Tode des Berechtigten Rückstände von bereits fällig gewordenen Leistungen bestehen können, die an die Erben des Berechtigten zu erbringen sind, enden nicht mit dem Tod des Berechtigten. In diesen Fällen besteht das dingliche Recht auch wegen der Rückstände fort; es erlischt erst, wenn die Rückstände beglichen sind.
(vgl. OLG Köln, Beschluss vom 16.04.2018 - 2 Wx 168/18 2 Wx 170/18, FGPrax 2018, 157)
2.2.3 Todesnachweis
2.2.3.1 Todesnachweis nicht ausreichend, wenn ein zu Lebzeiten bereits entstandener Anspruch noch von den Erben durchgesetzt werden kann
Allerdings reicht in diesen Fällen der Todesnachweis dann nicht zum Beleg für die Grundbuchunrichtigkeit, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Vormerkung auch einen zu Lebzeiten entstandenen, aber bis zum Tod des Berechtigten nicht mehr durchgesetzten und nach § 1922 BGB auf die Erben übergegangenen Übertragungsanspruch sichert.
(OLG Köln, Beschluss vom 06.01.2020 - 2 Wx 373/19;
OLG München, Beschluss vom 17.10.2016 - 34 Wx 208/16;
BGH, 26.03.1992 - V ZB 16/91, BGHZ 117, 390, 393 f. = NJW 1992, 1683 = ZIP 1992, 628 = MDR 1992, 675 = DNotZ 1992, 569 = WM 1992, 817 = DB 1992, 1822 = Rpfleger 1992, 287;
BGH, 21.09.1995 - V ZB 34/94, BGHZ 130, 385, 388 f. =
NJW 1996, 59 = ZIP 1995, 1999 = MDR 1996, 463 = DNotZ 1996, 453 = FGPrax 1995, 225 = WM 1995, 2111 = BB 1995, 2500
DB 1996, 87 = Rpfleger 1996, 100)
2.2.3.2 Todesnachweis, wenn der Sicherungsfall nicht mehr eintreten kann
Der Nachweis des Todes des Berechtigten genügt als Nachweis für die Unrichtigkeit eines Grundbucheintrags über eine Rückauflassungsvormerkung, wenn sich aus der zugrunde liegenden Vereinbarung explizit oder durch Auslegung ergibt, dass mit dem Tod des Berechtigten der Sicherungsfall nicht mehr eintreten kann .
(OLG Köln, Beschluss vom 06.01.2020 - 2 Wx 373/19;
OLG München, Beschluss vom 17.10.2016 - 34 Wx 208/16)
2.2.3.2.1Kein Todesnachweis bei nicht auf Lebenszeit des Berechtigten beschränkter Reallast
Todesnachweis ist nicht ausreichend, wenn Erben einen Anspruch auf Zahlung von zu Lebzeiten der Berechtigten fällig gewordenen, aber noch nicht ausgezahlten Rentenleistungen haben sollten.
(vgl. OLG Köln, Beschluss vom 16.04.2018 - 2 Wx 168/18 2 Wx 170/18, FGPrax 2018, 157)
2.2.3.2.2Todesnachweis bei auf Lebenszeit des Berechtigten beschränkter Reallast
Der Todesnachweis reicht aber dann aus, wenn Erben keinen Anspruch auf Zahlung von zu Lebzeiten der Berechtigten fällig gewordenen, aber noch nicht ausgezahlten Rentenleistungen haben sollten.
(vgl. OLG Köln, Beschluss vom 16.04.2018 - 2 Wx 168/18 2 Wx 170/18, FGPrax 2018, 157)
Kommen nämlich Rückstände nicht in Betracht, ermöglicht bereits allein der Todesnachweis die Löschung.
(BGH, Urteil vom 26.03.1992 - V ZB 16/91, BGHZ 117, 390 = NJW 1992, 1683 = ZIP 1992, 628 = MDR 1992, 675 = DNotZ 1992, 569 = WM 1992, 817 = DB 1992, 1822 = Rpfleger 1992, 287)
2.2.3.2.3Todesnachweis bei Reallast
Eine subjektivpersönliche Reallast (§§ 1105, 1111 BGB) ist nicht von Gesetzes wegen auf die Lebenszeit des Berechtigten beschränkt.
Eine solche Reallast ist vielmehr vererblich, kann aber durch Rechtsgeschäft oder, weil sich eine solche Beschränkung aus der Natur der zu erbringenden Leistungen ergibt, auf die Lebenszeit des Berechtigten beschränkt sein.
(vgl. OLG Köln, Beschluss vom 16.04.2018 - 2 Wx 168/18 2 Wx 170/18, FGPrax 2018, 157)
Nur wenn sich durch Auslegung ergibt, dass mit dem Tod des Berechtigten auch etwaige Erben keinen Anspruch auf bereits zu Lebzeiten entstandene Ansprüche geltend machen können, kann der Todesnachweis für die Unrichtigkeit des Grundbuches im Sinne von § 22 GBO ausreichend sein.
2.2.3.2.4Todesnachweis bei Rückauflassungsvormerkung
2.2.3.2.4.1 Todesnachweis bei auf Lebenszeit beschränkter Vormerkung
Auf eine Reallast absichernde Vormerkung findet § 23 Abs. 1 GBO Anwendung, wenn die Vormerkung auf die Lebenszeit des Begünstigten im Sinne des § 22 GBO beschränkt ist.
(vgl. OLG Köln, Beschluss vom 16.04.2018 - 2 Wx 168/18 2 Wx 170/18, FGPrax 2018, 157)
2.2.3.2.4.2 Todesnachweis bei Untergang eines durch den Tod des Gläubigers auflösend bedingten Anspruchs
Der Untergang eines durch den Tod des Gläubigers auflösend bedingten Anspruchs führt zum Erlöschen der den Anspruch sichernden Vormerkung
(BGH, Beschluss vom 03.05.2012 - V ZB 258/11, BGHZ 193, 152 = NJW 2012, 2032 = ZIP 2000, 225 = ZIP 2012, 1466 (Ls.) = MDR 2012, 836 = DNotZ 2012, 609 = FGPrax 2012, 142 = FamRZ 2012, 1214
WM 2012, 1247 = Rpfleger 2012, 507)
Das Grundbuch wird wegen der Akzessorietät der eingetragenen Vormerkung zu dem gesicherten Anspruch unrichtig.
(BGH, Beschluss vom 03.05.2012 - V ZB 258/11, BGHZ 193, 152 = NJW 2012, 2032 = ZIP 2000, 225 = ZIP 2012, 1466 (Ls.) = MDR 2012, 836 = DNotZ 2012, 609 = FGPrax 2012, 142 = FamRZ 2012, 1214
WM 2012, 1247 = Rpfleger 2012, 507)
2.2.3.2.4.3 Todesnachweis bei auf Lebenszeit beschränkter Vormerkung ohne Befristungsvermerk
Wird nur ein befristetes Recht zur Eintragung bewilligt, ist die Befristung selbst in den Eintragungsvermerk aufzunehmen; eine Bezugnahme nach § 874 BGB (§ 44 Abs. 2 GBO) ist unzulässig.
Wenn wegen fehlender Aufnahme der Befristung in den Eintragungsvermerk ein unbefristetes Recht in das Grundbuch eingetragen ist (§ 873 BGB), entsteht aber materiell-rechtlich lediglich ein befristetes Recht, weil sich Einigung und Eintragung nur insoweit decken.
Soweit über die dingliche Einigung hinaus ein unbedingtes Recht eingetragen ist, liegt teilweise Grundbuchunrichtigkeit vor.
(OLG München, Beschluss vom 11.06.2012 - 34 Wx 115/12, FamRZ 2013, 733)
Auf das Bestehen oder Nichtbestehen des durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs kommt es nach Auffassung des OLG München ebenso wenig wie auf eine etwaige Wiederaufladung der Vormerkung an.
Denn die bewilligte, aber nicht im Grundbuch eingetragene Befristung führt ohne Weiteres zum Untergang des Rechts und damit zur Grundbuchunrichtigkeit.
(vgl. OLG München, Beschluss vom 11.06.2012 - 34 Wx 115/12, FamRZ 2013, 733;
KG, Beschluss vom 17.04.2020 - 1 W 262/19, NJW-RR 2020, 964 = NZM 2021, 288 = FGPrax 2020, 152)
2.2.3.2.4.4Todesnachweis nicht ausreichend, bei auf die Erben übergehenden Sicherungszweck
Das ist nicht der Fall, wenn die Vormerkung fortbestehen und einen auf die Erben übergegangenen Rückauflassungsanspruch sichern soll.
(vgl. OLG Köln, Beschluss vom 16.04.2018 - 2 Wx 168/18 2 Wx 170/18, FGPrax 2018, 157)
Bei einem Rückauflassungsanspruch handelt es sich nicht um einen möglichen Rückstand, sondern um das Recht selbst.
Um ein Erlöschen des Rückauflassungsanspruches annehmen zu können, müsste in der vertraglichen Vereinbarung geregelt sein, dass der Rückauflassungsanspruch mit dem Tod des Berechtigten erlöschen soll.
(vgl. OLG Köln, Beschluss vom 16.04.2018 - 2 Wx 168/18 2 Wx 170/18, FGPrax 2018, 157)
Ein Unrichtigkeitsnachweis in Bezug auf die akzessorische Vormerkung würde daher den Nachweis voraussetzen, dass die Bedingungen des Rückauflassungsanspruchs nicht eingetreten sind.
[Als Bedingungen waren hier ein Zahlungsrückstand der Käufer mit der Rentenverpflichtung und eine Inanspruchnahme der Berechtigten durch die Darlehensgläubigerin vorgesehen.]
Es ist nicht ersichtlich, wie der Nichteintritt dieser Bedingungen in grundbuchmäßiger Form nachzuweisen sein sollte, sodass es bei dem Erfordernis der Bewilligung durch die Erben der Berechtigten verbleibt.
(vgl. OLG Köln, Beschluss vom 16.04.2018 - 2 Wx 168/18 2 Wx 170/18, FGPrax 2018, 157)
2.2.4 Auslegung der Bewilligung
Für die Beurteilung der Frage, ob die aufschiebende Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB) für das Entstehen des Auflassungsanspruchs mit Sicherheit endgültig ausgeblieben ist, ist der Inhalt der Bedingung selbst festzustellen.
Hierzu ist die Auslegung der Bewilligung erforderlich.
2.2.4.1 Bezugnahme auf Bewilligung
Hierfür ist auf die im Eintragungsvermerk (§ 874 BGB) in Bezug genommene Bewilligung abzustellen.
(OLG Köln, Beschluss vom 06.01.2020 - 2 Wx 373/19;
OLG München, Beschluss vom 17.10.2016 - 34 Wx 208/16)
Gemäß § 874 Satz 1 BGB kann bei der Eintragung eines Rechts, mit dem ein Grundstück belastet ist, "zur näheren Bezeichnung des Inhalts des Rechts" auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden.
Ist die Bezugnahme in diesem Sinne zulässig, hat dies zur Folge, dass die in Bezug genommene Urkunde genauso Inhalt des Grundbuchs ist wie die in ihm vollzogene Eintragung selbst.
(BGH, Beschluss vom 01.10.2020 - V ZB 51/20, MDR 2021, 29 = WM 2021, 1773;
BGH, Beschluss vom 22.09.1961 - V ZB 16/61, BGHZ 35, 378
NJW 1961, 2157 = MDR 1961, 1007 = DNotZ 1963, 42 = DB 1961, 1418;
BGH, Beschluss vom 06.11.2014 - V ZB 131/13,
NJW-RR 2015, 208 = MDR 2015, 82 = DNotZ 2015, 113 = FGPrax 2015, 5 = NJ 2015, 286 = WM 2015, 935 =Rpfleger 2015, 192)
Soll ein dingliches Recht an einem Grundstück unter einer Bedingung oder einer Befristung stehen, wird dies nur dann zum Inhalt des Grundbuchs, wenn die Bedingung oder die Befristung in das Grundbuch selbst aufgenommen werden.
Die Bezugnahme auf eine Eintragungsbewilligung, in der die Bedingung oder die Befristung enthalten ist, genügt nicht.
Eine Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung ist bei bedingten oder befristeten Rechten nur zulässig zur näheren Kennzeichnung des Inhalts der Bedingung oder Zeitbestimmung wie z.B. Beginn und Ende der Frist.
(BGH, Beschluss vom 01.10.2020 - V ZB 51/20, MDR 2021, 29 = WM 2021, 1773;
Dies gilt auch, wenn eine Reallast auf die Lebenszeit des Berechtigten beschränkt werden soll.
(BGH, Beschluss vom 01.10.2020 - V ZB 51/20, MDR 2021, 29 = WM 2021, 1773;
BGH, Beschluss vom 22.09.1961 - V ZB 16/61, BGHZ 35, 378
NJW 1961, 2157 = MDR 1961, 1007 = DNotZ 1963, 42 = DB 1961, 1418;
BGH, Beschluss vom 06.11.2014 - V ZB 131/13,
NJW-RR 2015, 208 = MDR 2015, 82 = DNotZ 2015, 113 = FGPrax 2015, 5 = NJ 2015, 286 = WM 2015, 935 =Rpfleger 2015, 192)
2.2.4.2 Auslegung
Die zum Grundbuchinhalt gewordene Willenserklärung ist der Auslegung zugänglich.
Allerdings sind der Ermittlung des Parteiwillens im Grundbuchverfahren mit Blick auf den verfahrensbeherrschenden Bestimmtheitsgrundsatz und das grundsätzliche Erfordernis urkundlich belegter Eintragungsunterlagen Grenzen gesetzt.
Danach darf auf die Auslegung nur zurückgegriffen werden, wenn sie zu einem zweifelsfreien und eindeutigen Ergebnis führt.
Dabei ist auf Wortlaut und Sinn abzustellen, wie er sich für den unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergibt.
Umstände, die außerhalb der Urkunde liegen, dürfen nur insoweit herangezogen werden, als sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind.
Auf das subjektiv vom Bewilligenden Gewollte kommt es hingegen nicht an.
(OLG Köln, Beschluss vom 06.01.2020 - 2 Wx 373/19;
OLG München, Beschluss vom 17.10.2016 - 34 Wx 208/16;
KG, Beschluss vom 17.04.2020 - 1 W 262/19, NJW-RR 2020, 964 = NZM 2021, 288 = FGPrax 2020, 152)
2.2.4.3 Auslegungskriterien
Anhaltspunkte für die Auslegung können sein:
- die Anordnung, dass Rückübertragungsanspruch nicht vererblich ist
- gewollte Unvererblichkeit und das Erlöschen des Anspruchs im Todesfall
- der Ausschluss, dass ein Rücktrittsrecht zu Lebzeiten des berechtigten entstanden ist
- ein höchstpersönlicher, unveräußerlicher und unvererblicher Auflassungsanspruch
2.2.4.3.1Anordnung, dass Rückübertragungsanspruch nicht vererblich ist
Die Anordnung, dass der Rückübertragungsanspruch
nicht vererblich und
nicht übertragbar ist und
mit dem Tode des Veräußerers erlöschen soll
und
dies auch gelten soll, dass der Anspruch bereits entstanden, aber infolge des Todes des oder der Berechtigten nicht mehr durchgesetzt werden konnte,
kann die Auslegung rechtfertigen,
dass mit dem Tod des Berechtigten der Sicherungsfall nicht mehr eintreten kann .
(vgl. OLG Köln, Beschluss vom 06.01.2020 - 2 Wx 373/19;
vgl. OLG München, Beschluss vom 11.06.2012 - 34 Wx 115/12, FamRZ 2013, 733)
2.2.4.3.2Gewollte Unvererblichkeit und das Erlöschen des Anspruchs im Todesfall
Es kann daher nicht mit der in Fragen der Auslegung von Grundbucherklärungen erforderlichen Eindeutigkeit ausgeschlossen werden, dass die Bewilligenden die Unvererblichkeit und das Erlöschen des Anspruchs in diesem Fall nicht gewollt hätten.
(vergl. OLG Köln, Beschluss vom 06.01.2020 - 2 Wx 373/19)
2.2.4.3.3Ausschluss, dass ein Rücktrittsrecht zu Lebzeiten des berechtigten entstanden ist
Kriterium kann desweiteren sein, dass ausgeschlossen werden kann, dass das recht zu Lebzeiten des Berechtigten entstanden sein kann.
(vergl. OLG Köln, Beschluss vom 06.01.2020 - 2 Wx 373/19)
2.2.4.3.4höchstpersönlicher, unveräußerlicher und unvererblicher Auflassungsanspruch
Ergibt sich durch Auslegung, dass ein Auflassungsanspruch höchstpersönlich, unveräußerlich und unvererblich ist, kann die Unrichtigkeit des Grundbuches nach dem Nachweis des Todes des Berechtigten nachgewiesen werden.
(vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.01.2015 - I-3 Wx 259/14)