Schönheitsreparaturen - Farbwahlklausel - II
Der BGH geht von der vom Berufungsgericht übernommenen Auslegung aus, wonach der Begriff "weißen" nicht zwingend als ein Synonym für allgemein "Anstreichen" zu verstehen ist, sondern auch eine Auslegung zulasse, wonach ein Anstreichen mit weißer Farbe gemeint sei. Das Verlangen des Vermieters aber, die Wohnung weiss streichen zu müssen, wird aber als unwirksam angesehen. Wenn aber die die Klausel auch eine solche Auslegung zulasse, sei sie gem. § 305 Abs. 2 BGB in der den Mieter günstigen Auslegung zugrunde zu legen.
Der BGH führt dazu aus: "dass eine formularvertragliche Klausel, die den Mieter dazu verpflichtet, die auf ihn abgewälzten Schönheitsreparaturen "in neutralen, hellen, deckenden Farben und Tapeten auszuführen", unwirksam ist, wenn sie nicht auf den Zustand der Wohnung im Zeitpunkt der Rückgabe der Mietsache beschränkt ist, sondern auch für Schönheitsreparaturen gilt, die der Mieter im Laufe des Mietverhältnisses vorzunehmen hat. Eine derartige Klausel benachteiligt den Mieter regelmäßig deshalb unangemessen, weil sie ihn auch während des laufenden Mietverhältnisses zu einer Dekoration in der vorgegebenen Farbwahl verpflichtet und dadurch in seiner persönlichen Lebensgestaltung einschränkt, ohne dass dafür ein anerkennenswertes Interesse des Vermieters besteht (Senatsurteil vom 18. Juni 2008 - VIII ZR 224/07, NJW 2008, 2499, Tz. 15 ff.).
So liegt der Fall auch hier. Die Klausel unterscheidet nicht zwischen während der Mietzeit vorzunehmenden Schönheitsreparaturen und der vor Rückgabe an den Vermieter fälligen Endrenovierung. Vergeblich wendet sich die Revision gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, es sei jedenfalls nicht fernliegend, unter dem Begriff "weißen" nicht nur ein Synonym zu streichen, sondern einen Anstrich in der Farbe weiß zu verstehen. Der Einholung eines etymologischen Sachverständigengutachtens bedurfte es für diese Auslegung entgegen der Auffassung er Revision nicht. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden (st. Rspr. des Bundesgerichtshofs, z.B. Senatsurteil vom 23. November 2005 - VIII ZR 154/04, NJW 2006, 1056, Tz. 9). Dass nach diesen Kriterien das vom Berufungsgericht als nicht fernliegend erachtete Verständnis des Begriffs "weißen" auszuschließen wäre, kann nicht angenommen werden und wird von der Revision auch nicht geltend gemacht. Auf eine möglicherweise abweichende Deutung aus sprachwissenschaftlicher Sicht kommt es nicht an. Lässt die Klausel somit die Auslegung zu, dass Decken und Oberwände in weiß zu streichen sind, so ist sie gemäß § 305c Abs. 2 BGB der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB in dieser dem Mieter günstigsten, weil zur Unwirksamkeit der Klausel führende Auslegung zugrunde zu legen.
Die Revision ist ferner der Auffassung, selbst wenn der Begriff "weißen" als Synonym für "weiß streichen" angesehen werden müsste, benachteilige dies den Mieter nicht unangemessen, weil er nach dem weiteren Wortlaut der Klausel dann lediglich gehalten sei, "Decken und Oberwände" weiß zu streichen. Eine derartige meist durch Stuckleisten erfolgte Trennung in Ober- und Unterwände finde sich in dem den Beklagten vermieteten Haus jedoch nicht. Damit seien die Beklagten bis auf den Deckenanstrich in ihrer Farbwahl vollkommen frei gewesen. Hinsichtlich der Decken bestehe indes ein schützenswertes Interesse des Klägers, nur weiße Farbe zu verwenden, da Farbanstriche eine Substanzverletzung insbesondere der Stuckverzierungen im Deckenbereich zur Folge hätten. Insoweit kann die Revision schon deshalb nicht durchdringen, weil sie entsprechenden Sachvortrag des Klägers in den Instanzen nicht aufzeigt."
Kommentar:
Der BGH sieht seine Entscheidung als Fortführung der dargestellten Rechtsprechung zu den Farbwahlklauseln. Er führt seine Rechtsprechung aber nicht fort, sondern kommt lediglich zu einer Bestätigung seiner Rechtsprechung, weil er den Wortsinn des "Weißens" verkennt.
Allgemeine Geschäftsbedingungen sind gemäß ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn ausgehend von ihrem Wortlaut einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Kreise verstanden werden (st. Rspr. vgl. BGHZ 77, 116, 118; 102, 384, 389 f.).
Auszugehen ist also an erster Stelle von dem Wortlaut der Klausel, so dass zunächst nach der Wortbedeutung zu fragen ist.
Der Begriff "weißen" bedeutet nach dem Wörterbuch mit Kalkfarbe streichen. Damit liegt die besondere Qualität dieses Verbs gegenüber anderen Formulierungen wie z.B. "anstreichen" oder "malen" in der Verwendung von Kalkfarbe.
Dass die Klausel auch zwischen "Weißen" und "Anstreichen" unterschiedet, zeigt sich darin, dass zwischen dem "Weißen der Decken und Oberwände" und dem "wischfesten Anstrich (.) der Wände" differenziert wird.
Früher wurden Wände mit Kalkfarben gestrichen. Diese waren wasserverdünnbar und daher anfällig gegen Schmitz und Verwischungen.
Deshalb mussten Wohnungsbereiche, die Feuchtigkeit oder intensiver Berührungen durch den Mieter ausgesetzt waren, gegen Verwaschungen geschützt werden. Daher sind diese Bereiche -wie die Klausel sagt- wischfest anzustreichen oder zu tapezieren und nicht in Kalk auszuführen.
Der Kern der objektiven Unterscheidung zwischen dem "weißen" und dem wischfesten Streichen liegt also in der Qualität der Materialien --einfache Kalkfarbe auf der einen Seite, wischfester Anstrich auf der anderen Seite- und nicht in der Verwendung eines Farbtones.
Damit lässt die Klausel eine verbleibende Auslegung im Sinne von "weiß streichen" nicht zu.
Mit der Formulierung "insbesondere" leitet die Klausel zudem nur eine beispielhafte und keine abschließend zu verstehende Aufzählung ein. Der Beispielcharakter der Aufzählung bedeutet, dass die Vorgabe "mit weißer Kalkfarbe" zu streichen, keine zwingende, sondern nur eine mögliche Vorgehensweise vorgibt.
Das bedeutet, dass eine weiße Farbe nicht vorgegeben ist und die nicht mehr zeitgemäße Verwendung von Kalkfarben durch moderne Wandfarben ersetzt werden kann.
Fazit:
Zu erwarten ist, dass die Gerichte Vertragsformulierungen mit "weißen" generell für unwirksam erklären und danach ist eine haftungsvermeidende Anwaltsberatung auch auszurichten.
RAuFA Gerhard Ostfalk
BGH Urteil vom 12.09.2009 -VIII ZR 344/08-