Mieterhöhung bei abweichender Wohnfläche

Manchmal werden Wohnflächenangaben von Vermietern über Generationen ungeprüft übernommen, die ursprünglich vielleicht einmal eine Grundlage in einer Architektenzeichnung hatte. Dabei lagen dem Unterzeichner durchaus auch schon einmal Akten auf den Tisch, bei dem sich im Laufe der Zeit die angegebenen Wohnflächen immer wieder einmal „durch Aufrundungen“ erhöht haben.
Manchmal sind es aber auch schlicht Dachschrägen, die bei den Flächenangaben nicht richtig mit entsprechenden Abzügen berücksichtigt wurden. Interessant ist dabei wohl, dass sich die Flächenangaben immer erhöhen, niemals aber verringern.
Noch nie aber hatte der Unterzeichner einen Fall auf dem Tisch, bei dem die Angabe der Wohnfläche, die zumeist aus der Sphäre des Vermieters stammt, niedriger lag, als tatsächlich in der Wohnung ausgemessen wurde.

Noch nie war die Fläche größer als im Mietvertrag angegeben

Aber auch diesen umgekehrten Fall gibt es, wie sich aus der Pressemitteilung des BGH Nr. 150/2000 ergibt. Dort ist in dem Mietvertrag eine Wohnfläche von 156,95 m² angegeben, die tatsächliche Wohnfläche liegt aber um 34 % höher, nämlich bei 210,43 m².
Es stellt sich bei einem solchen Fall die Frage, nach welchen Kriterien der Vermieter die Grundmiete erhöhen kann. Muss er die im Vertrag genannte Wohnfläche von 156 m² ansetzen oder darf er von der tatsächlichen Wohnfläche von 210,43 m² ausgehen, was im Endeffekt natürlich günstiger für ihn sein wird.


(1) Im Jahre 2007 hatte der BGH mit Urteil vom 23.05.2007, Aktenzeichen – VIII ZR 138/06 – noch die Auffassung vertreten, dass bei Flächenangaben des Mietvertrages eine Vereinbarung über die Wohnfläche vorliege und diese Vereinbarung nicht nur Bedeutung für die Frage habe, ob im Falle einer Flächenabweichung ein Mangel der Mietsache vorliegt, sondern ebenso für die Berechnung einer Mieterhöhung nach § 558 BGB maßgeblich sei, denn diese hängt  unter anderem auch von der Größe der Wohnung ab.

Ein Abweichen von der getroffenen Vereinbarung über die Wohnfläche und ein Abstellen auf die tatsächliche Wohnungsgröße bei der Berechnung des Mieterhöhungsverlangens nur sei dann in Betracht zu ziehen, wenn die Flächenabweichung mehr als 10 % betrage und es dem Vermieter deshalb nicht mehr zugemutet werden könne, weiter an der vertraglichen Flächenvereinbarung festzuhalten.
(BGH, Urteil vom 23.05.2007 – VIII ZR 238/06 - )

(2) Für den jetzt dem BGH vorliegenden Fall würde dies bedeuten, dass sich der Vermieter bei der Berechnung seines Mieterhöhungsverlangens nicht an die im Vertrag vereinbarten Wohnfläche von 156,95 € orientieren müsste, sondern die für ihn zumindest langfristig  günstigere tatsächliche Wohnfläche von 210,43 m² in Ansatz bringen könnte, da diese Wohnfläche um mehr als 10 % von der vertraglichen Vereinbarung abweicht.
Aber wenn dies so wäre, könnte der Vermieter eine Mieterhöhung über die vom Gesetz vorgeschriebene Kappungsgrenze von 20 %, je nach örtlich gültiger Verordnung von 15 % hinausverlangen.
In der Pressemitteilung heißt es dazu,
dass der Vermieter eine Anhebung nach den allgemeinen Mieterhöhungsvorschriften um 15 % verlange und darüber hinaus eine Anpassung der Miete wegen einer Überschreitung der vertraglich vereinbarten Wohnfläche um 33,95 % eine weitere Anhebung berechtigt sei.

Nach Ansicht des Landgerichtes in der Vorinstanz , sei dies aber nicht zulässig, weil ansonsten bereits die Kappungsgrenze des § 558 Abs. 3 Satz 2 BGB überschritten würde.

Der Bundesgerichtshof gibt mit einem vorläufigen Hinweis zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung zu erkennen, dass er seinen Fehler aus dem Jahre 2007 nunmehr korrigieren will. Im Jahre 2007 hatte der Bundesgerichtshof auch nach Auffassung des Unterzeichners Fragen der Sachmängelgewährleistung im Auge gehabt, ohne die Systematik des Mieterhöhungsverfahrens zu berücksichtigen. Daher erwägt der Bundesgerichtshof jetzt,

„nicht mehr an seiner Rechtsprechung festzuhalten, wonach einer Mieterhöhung nach
§ 558 BGB  bei einer Abweichung von (…) mehr als 10 % der (gutgläubige) Vermieter sich von
seinem Irrtum nach den von den Voraussetzungen des § 558 BGB abweichenden Grund-
sätzen eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage lösen kann.
Hierfür könne sprechen, dass eine Beschaffenheitsvereinbarung auf die Sachmängel-
gewährleistung abzielt und deshalb regelmäßig keine Anhaltspunkt dafür bestehen,
dass die Mietvertragsparteien auf diese Weise gleichzeitig der einen oder anderen Seite für
späteren Mieterhöhungsverfahren einen Vorteil oder Nachteil gegenüber der gesetzlichen
Regelungen verschaffen wollen.
Zudem stellt das System der ortsüblichen Vergleichsmiete auf die Entgelte ab, die in der
jeweiligen Gemeinde für vergleichbare Wohnungen gezahlt werden; Ein solcher Vergleich
kann aber sinnvoll nur anhand objektiver Kriterien vorgenommen werden, sodass es
hinsichtlich der Wohnfläche auf die tatsächliche Wohnfläche ankommen müsste.“


Der Bundesgerichtshof wird über den vorliegenden Fall am 18.11.2015 verhandeln. Der weiter Verfahrensgang und die endgültige Entscheidung des Gerichtes bleiben also spannend.


Mietrecht, Mietvertrag

Subscribe to Our Newsletter

Abonieren Sie demnächst unseren Newsletter !

KNO - Krause-Ganser Ney Ostfalk

Rechtsanwälte Partnerschaft
Amtsgericht Essen PR 4518

Ringstr. 9-11
50996 Köln - Rodenkirchen

Telefon: 0221 / 3 88 0 88
Telefax:  0221 / 3 88 0 89

email RA Ostfalk:  ra @ rechtsanwalt-ostfalk.de

© mahnomat 2023
All rights reserved.